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Fachwerk


Vorherrschend in der Alt­stadt ist der Fachwerkbau. Die Giebel stammen aus ver­schiedenen Jahr­hun­der­ten, die ältesten aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert. Traufen­häu­ser des 17. und 18. Jahr­hun­derts fügen sich ein, sind aber häufig mit Zwerch­gie­beln ver­sehen. Die älteren Häuser mit zum Hof füh­ren­der Durchfahrt weisen noch auf das frühere Acker­bür­gertum der Be­woh­ner hin. Ab 1600 er­hielten manche Häuser, zum Teil nachträglich, vor­springende Erker oder bis zum Boden reichende sog. "Utluchten'. Vielfach kragen die Stock­werke vor. Zunächst noch niedrig, werden sie allmählich höher. Die Ständer sind meist senk­recht übereinander angeordnet; die Balkenköpfe ruhen häufig auf reich profilierten Knaggen. Mehr oder minder reiches Schnitzwerk sowie Inschriften zeigen vor allem die Stock­werk­schwel­len, wobei die Art der Ornamentik Rückschlüsse auf das Alter des Hauses zulässt.

Treppenförmige Or­na­men­te weisen auf Entstehung in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts hin. Der Trep­penfries, zunächst noch einfach und mit ge­ra­den Stufen, später mit meh­­re­ren parallelen Stu­fen­linien, ist noch gotisch. Ab 1535, also etwa ab Be­ginn der Renaissance, wer­den die zweituntersten Stu­fen ab­gerundet, wäh­rend die Zwi­ckel zwischen den "Treppen" mit reichem, dann wieder ein­facher wer­dendem Schnitzwerk ausgefüllt sind. Ungefähr gleichzeitig tritt die sich um einen Ast windende fast jugendstilartig anmutende Laub­werk­ranke auf.


Gegen Ende der ersten Hälf­te des 16. Jahrhunderts verschwindet der Trep­pen­fries, und anstelle der Laub­werkranke um­schlin­gen jetzt zwei sich kreu­zen­de, zunächst noch mit Blattwerk Fach­werk­schnit­zereien geschmückte, dann schmucklose Bänder den Ast, der so zum stilisierten Ranken- oder Schlin­gen­stab wird. Dieser hat zu­nächst noch Astansätze, verliert sie aber dann und wird schließlich gegen En­de des 16. Jahrhundert durch einen einfachen Grat mit Querstäben in den Kreuzungspunkten ersetzt. Dieses Ornament, das manchmal Klein­or­namente (z. B. bienenkorbförmige) in zweigliedrige Felder unterteilen, wird auch als "Dia­mant­­band" bezeichnet. Weitere Verzierungen sind der Zickzackfries und manche nur ein­ma­lig in Celle vorkommende Formen. Daneben werden im Zeitalter der Renaissance zum Teil auch Fußstreben und Ständer vom Schnitzwerk erfaßt, und es erscheint der tauartig ge­dreh­te Rundstab. Rosetten, Kleinornamente und Antiquabuchstaben statt der gotischen Schrift treten um die Mitte des 16. Jahrhunderts auf.

Verfeinerte Schnitzereien, die der Schmiedekunst nachempfunden sind (Be­schlagwerk, Zahn­schnitt, Perlschnur, Eier­stab), zei­gen die im 17. Jahhundert entstandenen Häuser. Man­che haben Ecksäulen und pilasterartig aus­ge­bil­dete Ständer. Aus dieser Zeit stammt auch die Mehr­zahl der Hausin­schrif­ten, die meist in hoch- oder niederdeutscher, sel­tener in lateinischer Spra­che gehalten sind. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wird die Ornamentik wie­der einfacher und entfällt schließlich ganz. Statt dessen ging man daran, die Fachwerkhäuser entsprechend den um diese Zeit entstehenden Barockhäusern mit einem Grauanstrich zu übertünchen. Unter diesem blieb das Fachwerk fast zwei Jahrhunderte lang größtenteils ver­deckt.

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Altstadtbild durch unharmonische Einfügung moderner Bauten empfindlich gestört, und erst in neuerer Zeit hat man sich be­müht, diesem Trend Einhalt zu gebieten. Man begann ferner damit, die Fachwerkhäuser in­standzusetzen und sie mit farbigen Anstrichen zu versehen, um die Holzkonstruktionen und Schnitzereien besser hervortreten zu lassen. Die Stadt Celle lässt es sich angelegen sein, das alte Stadtbild zu erhalten. Leider erfordert die Wirtschaftlichkeit den Abbruch mancher Häuser.

Bei Ausfüllung der Lücken bemüht man sich jedoch, die Giebel der neuen Häuser, nach Mög­lichkeit unter Verwendung alter Bauelemente (z. B. Knaggen-Schnitzbalken), der Umgebung stilgerecht anzupassen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Häuser Zöllnerstraße 44-46. Teil­weise gelang es, die alten Giebel vor völlig neu gebauten Häusern zu erhalten. Bei den mei­sten Häusern wurden jedoch die Erdgeschosse durch Einbau zeitgemäßer Läden und Schau­fenster völlig verändert.